Potenziale für neue Projekte, Chancen für alte
Erster Teil: Moshi, Tansania
Kontakte mit zwei Organisationen, die in Afrika tätig sind, und eine Anfrage unseres langjährigen Partners Ol Pejeta Conservancy eröffneten innerhalb kurzer Zeit neue Möglichkeiten, unsere Ofenbau-Aktivitäten in Ostafrika auszuweiten. Grund genug für Katharina Dworschak, Frank Dengler und Willi Kerschbaum, sich zu einer kurzen, aber gehaltvollen Reise nach Tansania und Kenia aufzumachen.

Auf einer Netzwerktagung der Georg Kraus Stiftung lernten wir den Saidia-Förderkreis aus Hamburg kennen, der seit 2008 in der Kilimanjaro-Region tätig ist, genauer in Moshi. Können wir die Präsenz von Saidia in der Region in Verbindung mit unserer Erfahrung im Ofenbau nutzen, um dort rauchfreie Öfen zu verbreiten? Um diese Frage zu klären, war die Stadt Moshi am Fuß des Kilimanjaro Ende Januar das erste Ziel von Katharina und Frank.

Saidia ist mit einem Büro im Süden von Moshi vertreten, das von Husna und Mwayuma geleitet wird. Die beiden unterhalten ein Netzwerk, das sich über die umliegenden Stadtbezirke bis in die Dörfer außerhalb der Stadt erstreckt. Sowohl in den städtischen als auch in den ländlichen Haushalten wird mit Holz am offenen Feuer gekocht, oft in kleinen Verschlägen außerhalb der Hütten. In allen besuchten Haushalten stießen wir auf großes Interesse, alle Hausfrauen hätten sich sofort als Freiwillige zum Ofenbau gemeldet.
In einigen Häusern ist Elektrizität vorhanden, die aber als unzuverlässig beschrieben wurde und für Beleuchtung und zum Aufladen der Handys verwendet wird. Kochen mit Strom war für die Haufrauen bisher nicht vorstellbar. Gas wäre für viele Haushalte lieferbar, wird aber wegen des hohen Preises nicht genutzt. Auch wenn die städtischen Haushalte Holz kaufen müssen, ist das doch immer noch wesentlich billiger als Gas. Auf dem Land wird Holz in den Wäldern gesammelt.

Wesentliche Voraussetzung für den Bau unserer Öfen ist das Vorhandensein von gutem Lehm in erreichbarer Nähe. Wir besuchten eine Ziegelbrennerei im Süden Moshis, in der das Material vor Ort abgebaut wird und ohne weitere Zumischungen – außer Wasser natürlich – in Form gebracht und gebrannt wird. Sehr viele Häuser in der Umgebung bestehen aus den Ziegeln dieser Brennerei. Es ist ein seltener Zufall, dass das Material bereits in so guter Qualität vorliegt, dass es nicht weiter aufbereitet werden muss.
Saidia unterhält gute Beziehungen zu einer Berufsschule in Westen von Moshi, in der die Werkzeuge der Ofenbauer und Ofenbauteile gefertigt werden könnten. Leider war in der Kürze der Zeit kein Besuch dort möglich.
Gegen Ende unserer Reise meldete sich unsere langjährige Spenderin Erdmute Frenzel, deren Kirchenbezirk Bautzen-Kamenz seit Jahren eine Partnerschaft mit dem Kirchenbezirk Meru South auf halbem Weg zwischen Moshi und Arusha unterhält. Auch dort gibt es Bedarf für Öfen. Nach Gesprächen mit Frau Frenzel und Reverend Zakayo Pallangyo, dem Vorsteher der Kirchengemeinde Kikatiti, haben wir beschlossen, im Herbst dieses Jahres den nächsten Schritt zu unternehmen und in Moshi die ersten Ofenbauer und Ofenbauerinnen auszubilden. Wir werden dann einige Pilotöfen in Haushalten einbauen, um die Tauglichkeit der Öfen und die Effektivität der Vorgehensweise in der Praxis nachzuweisen.
Zweiter Teil: Turkana, Kenia

Mit Learning Lions, die in Turkana, im Norden Kenias aktiv sind, hatten Katharina und Frank bereits im letzten Jahr gesprochen und vereinbart, dass wir sie vor Ort besuchen, um die Voraussetzungen für den Ofenbau zu prüfen. Der Norden Kenias ist aride, sehr dünn besiedelt und gehört zu den ärmsten Regionen des Landes. Am Ufer des Turkana-Sees hat Learning Lions eine beeindruckende IT-Schule errichtet, um Einheimische an den Beruf das IT-Entwicklers heranzuführen, in dem sie arbeiten können, ohne ihre Heimat zu verlassen.
Die Umgebung des „Startup Lions ICT Campus“ ist geprägt durch kleine verstreute Ansiedlungen. Die nächste Kleinstadt, Kalokol, ist etwa 20 Kilometer entfernt und über eine unbefestigte Sandpiste erreichbar. Trockenheit und Wind bestimmen das Klima. Viehzucht ist nur in geringem Umfang möglich, auch der Fischfang ist keine verlässliche Einnahmequelle. Die Behausungen sind vorwiegend einfache Schilfhütten, klein, leicht brennbar, nicht langlebig und ohne solide Wände – kein geeigneter Platz für einen Lehmofen.

Etwa 100 Kilometer Luftlinie weiter westlich und über die erstaunlich gut ausgebaute A1 vom Flughafen Lodwar in zwei Stunden mit dem Auto erreichbar, liegt die Stadt Kakuma mit dem angrenzenden Flüchtlingslager Kakuma Refugee Camp, das derzeit über 200.000 Bewohner zählt. Sowohl in der Stadt als auch im Camp wird vorwiegend am offenen Feuer gekocht. Nach unseren Informationen sind dort das Unternehmen „Sunken Limited“ und die Organisation „Lotus Kenya Action for Development“ damit befasst, einfache Rocket Stoves herzustellen und zu verkaufen bzw. an Neuankömmlinge im Camp zu verteilen.

Wir konnten das Büro und die Produktionsstätte von Lotus Kenya Action for Development besuchen fanden dort einen kleinen Stab von motivierten Mitarbeitern vor, teils aus der Stadt, teils aus dem Lager. Nur Knappheit der Fördermittel verhindert, dass die Produkte allen Bewohnern und nicht nur den Neuankömmlingen zur Verfügung gestellt werden.
Portable Rocket Stoves sind vermutlich am besten für die unterschiedlichen, oft nur temporären Behausungen im Lager geeignet. Dasselbe gilt für die Hütten im Umfeld der Learning Lions. Was die beste Lösung für Kakuma Town ist, müssen wir noch herausfinden. Wir sehen in einem Engagement für die Region in Zusammenarbeit mit Lotus Kenya Action oder Sunken Limited großes Potenzial und wollen diesen Ansatz in Verbindung mit der Weiterführung unseres Projekts mit Ol Pejeta weiterverfolgen.
Dritter Teil: Ol Pejeta, Kenia
Die dritte Station auf dieser Reise, zu der sich Willi Kerschbaum anschloss, führte uns in die Ol Pejeta Concervancy nahe der Stadt Nanyuki am Fuß des Mount Kenya. Dort wurden in einer Partnerschaft mit der Parkverwaltung bereits vor Corona Öfen gebaut. Leider konnte dies während der Pandemie nicht fortgesetzt werden. Da aber bei allen der Wille zu einem Neustart des Projekts groß ist, konnten wir schnell die notwendigen Aktivitäten besprechen und vereinbaren. Regina ist unsere aktivste Ofenbauerin, die wir jetzt nach so vielen Jahre wiedersehen konnten. Gemeinsam mit ihr besuchten wir Familien, die schon seit sieben Jahren mehr oder weniger täglich auf unseren Öfen kochen. Wir waren hoch erfreut zu sehen, dass diese Öfen immer noch in einwandfreiem Zustand sind.
Da der Lehm in der Umgebung von Ol Pejeta nicht sehr gut ist, müssen in die Öfen dort Elemente aus gebranntem Ton zur Stabilisierung eingebaut werden. Rachel, die Tochter unseres Töpfers Gilbert, der leider inzwischen verstorben ist, hat glücklicherweise seinen Betrieb übernommen und kann uns ab sofort wieder mit allen notwendigen Tonelementen versorgen. Bernhard und George von der Parkverwaltung haben inzwischen mit „alten“ und neuen Ofenbauern die ersten Trainings durchgeführt und einige „Pilotöfen“ sind bereits fertiggestellt worden.
Wir warten jetzt nur noch auf die Unterzeichnung unseres Grant Agreements durch die Parkverwaltung, dann kann es wieder richtig losgehen in Ol Pejeta.
Frank Dengler und Willi Kerschbaum
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